Da ich täglich in der Immobilienbranche arbeite, habe ich stets im Blick, was weltweit passiert und was die Zukunft unserer Tätigkeit beeinflussen kann. Genau deshalb hat mich ein kürzlich erschienener Artikel in einer deutschen Zeitung so sehr aufmerksam gemacht. Nicht nur wegen der beschriebenen Innovation, sondern vor allem wegen der Frage, die sofort in mir nachhallte: Warum gehen wir in Portugal nicht mit derselben Ambition voran?
Was Deutschland getestet hat, zeigt eine mögliche Revolution im Bausektor. Der Einsatz von Beton mit negativem CO₂-Fußabdruck, der im industriellen Maßstab mittels biogenem Kohlenstoff aus Biomasseabfällen hergestellt wird, ist keine Theorie mehr — er ist Realität geworden. Das ist keine akademische Forschung, die vom Alltag der Branche abgekoppelt ist. Es ist reale Arbeit, angewendet in einem echten Gebäude, mit konkreten, gemessenen und nachgewiesenen Ergebnissen.
Wenn das bereits möglich ist — warum nicht Portugal?
Wir leben in einem Land, das weltweit als Referenz für erneuerbare Energien gilt. Wir sind innovativ, wir haben exzellente Universitäten, hochwertige Forschungszentren und eine Bauindustrie, die wichtige Schritte in Richtung Modernisierung gemacht hat. Und wir haben noch etwas, das viele Länder nicht haben: eine große Verfügbarkeit von Biomasse und eine industrielle Kultur, die mit der Verwertung natürlicher Abfälle verbunden ist. Das ist ein Vorteil, den wir nicht vollständig ausschöpfen.
Wenn wir bereits bei sauberer Energie führend sind, warum sollten wir nicht auch bei Baumaterialien mit geringerem Klimaeinfluss führend sein? Das deutsche Beispiel ist eindeutig. Die Einbindung biogenen Kohlenstoffs ersetzt einen Teil der Beton-Zusatzstoffe und reduziert den Fußabdruck um mehr als 60 Prozent. Darüber hinaus wird dieser Kohlenstoff dauerhaft in der gebauten Struktur gespeichert. Die Logik ist einfach und kraftvoll: Regionale Abfälle werden genutzt, um sauberere und effizientere Materialien herzustellen.
Als Immobilienprofi beunruhigt mich, dass Portugal diese Chance verpassen könnte. Der Sektor verändert sich rasant, und Immobilienprojekte werden heute nicht mehr nur nach ihrem kommerziellen Wert bewertet, sondern auch nach ihrer Umweltwirkung. ESG-Kennzahlen, die vor wenigen Jahren noch weit entfernt wirkten, sind für Investoren, Banken und Käufer unverzichtbar geworden. Europa hat bereits deutlich gemacht, dass die Klimaanforderungen wachsen werden. Wir dürfen nicht zurückbleiben.
Wenn wir einen wettbewerbsfähigen Immobiliensektor wollen, ist es entscheidend, jetzt in neue Materialien zu investieren und Partnerschaften zwischen Startups, Universitäten und Bauunternehmen zu fördern. Portugal hat Talent, natürliche Ressourcen, Industrie und die Bedingungen, um eine neue Generation dekarbonisierter Baulösungen zu schaffen. Wir müssen nur den ersten Schritt mit Mut und Weitblick gehen.
Ich stelle mir eine Zukunft vor, in der Portugal nicht nur bei Energie, sondern auch bei Innovation im Bauwesen führend ist. Eine Zukunft, in der unsere Gebäude als Kohlenstoffspeicher wirken. Eine Zukunft, in der das Land nicht nur saubere Energie exportiert, sondern auch Materialien und Technologie, die Emissionen überall auf der Welt reduzieren können.
Diese Zukunft ist real. Sie passiert bereits in anderen Ländern. Und sie ist in Reichweite. Wir müssen nur entscheiden, dass wir an der Spitze stehen wollen — statt Europa hinterherzulaufen, sobald Regeln auferlegt werden.
Wenn es einen Zeitpunkt gibt, den Sektor zu transformieren, dann ist es jetzt. Und wenn es ein Land gibt, das das Potenzial dazu hat, dann ist es ganz klar Portugal.
Wirtschaft, Immobilien, Luxury Portfolio International, LeadingRE